Zwei Texte aus “Sophiechen und das Geheimnis des Froschs”

Seltsamer Besuch für Sophiechen

 

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Sophiechen sitzt am Küchentisch. Es ist ganz still in der Küche. Sie schaut durch die Küchentür nach draußen und sieht, wie dicke Regentropfen in den Teich platschen. Du musst natürlich wissen, dass es bei Sophiechens Haus einen gewaltig großen Garten gibt, mit Apfelbäumen, Beerensträuchern, viel Gras, einem enorm großen Teich, einer mächtig großen Schaukel für Sophiechen und Igor und noch Vieles mehr…

Das Prunkstück des Gartens ist ein alter Kastanienbaum, in dem man super klettern kann. Vom Kastanienbaum aus kann man sehr schön in den Garten von Nachbar Karl gucken. Das lohnt sich sehr.
Sophiechens Papa hat letztes Jahr den Teich angelegt, davon tut ihm noch heute der Rücken weh. Das sagt er jeden Abend am Tisch, noch bevor sie beginnen, die Suppe zu essen. Sophiechen findet das ziemlich blöde, aber ansonsten findet sie ihren Papa ziemlich nett. Insbesondere wenn er aus spannenden Büchern vorliest, oben auf dem Dachboden, in seinem Bücherzimmer oder an seinem Schreibtisch. Er kann so gut vorlesen! Mama übrigens auch. Sophiechens Eltern nennen das Bücherzimmer auch Bibliothek, aber das hält Sophiechen für ein seltsames Wort. „Echt blöde“, sagt sie.

Sophiechen liegt oft im Gras zwischen den Butterblumen am Rand des Teichs und sieht sich die Libellen und die Wasserpflanzen an. Aber jetzt tut sie das nicht. Denn es regnet in Strömen. Sophiechen starrt gelangweilt auf den Tisch … es wird wirklich Zeit, dass wieder etwas Spannendes passiert. Sie muss sich selbst etwas Nettes ausdenken…
Aber das ist nicht mehr nötig. „Doing!“ Ein gewaltiges Dröhnen hallt durch die Küche. Die Fenster vibrieren, die Kaffeetassen erzittern und wackeln auf ihren Untertassen, und eine fällt vom Küchentisch auf den Fußboden und zerspringt in tausend Teile. Sophiechen schreckt heftig aus ihrem Nachdenken auf. Mit großen Augen, den Mund weit geöffnet, schaut sie auf die Ecke des Tischs, denn dort sitzt … ein Frosch! Ein ziemlich dicker Frosch.
Das ist kein normaler Frosch, nein, neinsondern ein supergroßer, auch das noch. Er ist viel größer als Sophiechens Rucksack. So einen Frosch hat Sophiechen noch nie zuvor in ihrem Leben gesehen, nicht einmal im Teich. Der Frosch hat eine feuerrote kurze Hose an und er trägt blaue Hosenträger. Mehr hat er nicht an, nun ja, da gibt es noch eine seltsame Brille, eine Brille mit schwarzem Rand.
„Bitte erschrick nicht“, sagt der Frosch entschuldigend. „Ich bin es doch nur.“
„Nun ja“, stottert Sophiechen, „ich … eh … ich … ich hab mich zu Tode erschreckt! Mein Kopf ist ganz heiß davon, echt. Und mir läuft der Schweiß den Rücken runter, puh!“
„Das ist überhaupt nicht nötig“, fährt der Frosch höflich fort, während er etwas unbehaglich am Tischrand hin und her rutscht.
Sie sehen einander noch einmal genau an. Vielleicht ungefähr fünfzehn Sekunden lang.
Als sich Sophiechen etwas von ihrem Schrecken erholt hat, fragt sie: „Wie heißt du?“ „Ich  heiße Frosch“, sagt der Frosch.
„Aber hast du denn keinen Namen?“, fragt Sophiechen.
„Ja, Frosch“, sagt Frosch noch einmal, „das habe ich doch gesagt!“ Frosch ist etwas ungeduldig.
„Aber wie heißen denn deine Schwestern und Brüder?“, fragt Sophiechen und glaubt, recht schlau zu sein.
„Die heißen natürlich auch Frosch“, sagt der Frosch, „wir heißen alle Frosch, wir sind nun mal Frösche.“ Er sieht dabei aus, als ob das die normalste Sache der Welt ist.
„Und wie heißt du denn?“, fragt Frosch, „nachdem wir nun miteinander ins Gespräch gekommen sind.“ Er grinst, pumpt seine dicken Schallblasen kurz auf und zieht sie wieder ein, er verlagert sein schweres Körpergewicht vom linken auf den rechten Fuß. Er setzt sich ruhig hin, ganz und gar aufmerksam.
„Ich heiße Sophiechen“, sagt Sophiechen.
„Aha“, sagt der Frosch, „korrekt, Sophiechen. Also heißen die Menschen Sophiechen.“ „Nein“, sagt Sophiechen, „ich heiße Sophiechen. Mein Bruder heißt Igor, meine Mama Ellen und mein Papa Thomas.“
Nun sieht Frosch verunsichert aus. Er runzelt die Stirn.
„Also heißen nicht alle Menschen Sophiechen?“, fragt Frosch. Nun sitzt er auf seinem linken Fuß und scheint noch heftiger nachzudenken.
„Herrje! Es heißen gar nicht alle Menschen Sophiechen!“, ruft er dann aus. „Das ist nicht zu glauben!“
„Nein“, sagt Sophiechen, „ist doch logisch, jeder Mensch hat einen eigenen Namen, wie sollten wir uns sonst auseinanderhalten können?“ Sie darf gar nicht daran denken, stellt euch bloß vor, lauter Sophiechen , das gäbe eine Riesenmenge. „Sophiechen, komm nach Hause!“ Sie sieht sie alle vor sich, all die rennenden Kinder auf der Straße heimwärts zu Grünkohl, Bauchspeck oder Frikadellen…
„Sehr seltsam“, sagt Frosch, „echt sehr, sehr seltsam.“ Er sieht ziemlich verdutzt aus. „Ich habe schon immer gedacht, dass Menschen komische Wesen sind, aber jetzt weiß ich es ganz gewiss.“


Kann Frosch nicht bei uns wohnen?

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Eines Abends hat sich Frosch dann doch bei Papa, Mama und Igor vorgestellt. Sophiechen war schrecklich nervös, sie hat sogar ihr bestes rosa Kleid angezogen. Normalerweise trägt sie das nur an Geburtstagen oder zu anderen besonderen Anlässen. Heute ist so ein besonderer Anlass. Sie hat auch ihre rosa Stiefelchen geputzt und vom Bäcker eine große Torte geholt.
Und wie haben die Anderen reagiert? Also, Mama war zunächst mordsmäßig erstaunt und hat ständig „Wie kann das nur sein, wie ist das möglich?“ gerufen. Bestimmt tausend und einmal hintereinander. Sie konnte ihre Augen gar nicht von Frosch abwenden. Papa hingegen fand die Sache eigentlich gar nicht so ungewöhnlich, „denn solche Dinge passieren nun mal“, sagte er mit klugem Gesichtsausdruck.
Igor hatte zu Beginn neugierig geguckt. Und dann einfach nach Froschs blauen Hosenträgern gegriffen.
Weiter nichts.

Nun sitzen sie alle zusammen in der Küche und essen von der riesigen Torte. Sophiechen, Igor, Papa, Mama und Frosch. Frosch isst bereits sein drittes Stück Torte und greift bereits nach dem vierten. Seine prallen Backen sind über und über mit Schlagsahne beschmiert.
„Ich bin be… be… behindert“, sagt Igor auf einmal zu Frosch.
„Das ist gut“, antwortet Frosch und isst ruhig weiter.
„Ja, aber ich k.. k… kann in der Schule nicht gut lernen!“, sagt Igor nun. „Und mein Mund und ein Bein stehen schief. Und ich schiele auch“, fährt er unbeirrt fort.
„Ja und?“, reagiert Frosch. Er sieht Igor an. Die Torte ist fast komplett aufgegessen. Frosch hatte insgesamt zwölf Stücke davon. „Wir haben doch alle irgendetwas. Aber du kannst laufen, tanzen und singen. Und essen! Das ist doch eine wichtige Sache. Und darüber hinaus hast du nette Eltern. Stimmt’s?“
Ja, das stimmt genau, das muss Igor zugeben.
„Na, dann sehe ich hier kein Problem“, erwidert Frosch, „jeder kann etwas Besonderes.“
„Frosch, du bist ein weiser Frosch“, sagt Papa und strahlt von einem Ohr zum anderen.
„Aber jetzt müssen die Kinder ins Bett. Es war nett, dich kennen zu lernen, Frosch. Du bist herzlich eingeladen wieder vorbeizukommen, es war sehr gemütlich und interessant!“
„Ja gern“, antwortet Frosch erfreut. „Ich bedanke mich für die Einladung und die leckere Torte! Ich gehe gleich … aber warte eben … also … okay … nun ja. Ich hätte da noch eine letzte Frage!“ Frosch sieht etwas angespannt aus.
„Na, immer raus damit!“, sagt Papa laut, während er mit einer Hand in seinem wilden Haarschopf rumwuschelt.
„Ja, wisst ihr…“, Frosch zögert, „äh, ich äh … ich finde es hier wirklich irrsinnig gemütlich.“ Er hält einen Moment inne. „Kann ich bei euch wohnen?“
„Au ja! Das wäre toll!“, ruft Sophiechen vor Begeisterung, „das wäre spitze, Frosch, dann wirst du mein bester Freund!“ Vor Aufregung fällt sie fast vom Stuhl.
Igor fände es auch ziemlich gut, einen Frosch im Haus zu haben. Das ist doch mal was anderes als ein Hund, eine Katze oder ein Wellensittich. Und mit diesem Frosch kann man sich noch dazu unterhalten!
Papa und Mama sehen einander kurz an. Unauffällig nickt Mama dem Papa zu. Frosch kann die Spannung beinahe nicht aushalten.
„Ach ja“, sagt Papa, „wir haben schließlich schon einen adoptierten Jungen im Haus, unseren Igor. Dann kann auch noch gut ein Frosch dazukommen.“ Papa blinzelt der Mama zu.
Sophiechen, Frosch und Igor führen ein Freudentänzchen auf und umarmen einander.
„Willkommen in unserer Familie, Frosch,“ sagt Mama herzlich.
„Ich danke euch,“ stammelt Frosch. „Ab wann darf ich hier wohnen?“ Je eher desto besser, scheint er zu denken.
„Komm am besten nächste Woche“, antwortet Papa, „dann können wir das große Gerätehaus im Garten zu einer netten Froschwohnung umbauen.“
Nach dem großen Verschwindentrick ist Frosch wieder verschwunden. Papa und Mama haben ihre Kinder noch nie so glücklich gesehen, sie sind immer noch am Tanzen, und Sophiechen gibt ihren Eltern einen dicken Kuss.

 

Das waren zwei Texte aus dem Kinderbuch: „Sophiechen und das Geheimnis des Froschs“, das erste Kinderbuch aus der Serie „Die Sophiechen“. Motto dieser Kinderbücher: es ist normal verschieden zu sein. Die Bücher sind interessant für Kinder, Eltern und Lehrkräfte.
Auch erschienen ist: „Sophiechen und die Zuckerbäuchlinge“.(die bekommen bald eine eigene Webseite!). Ich arbeite jetzt an „Sophiechen und Fischmann“.
Ob man vorgelesen wird, selbst liest oder vorliest, wie dem auch sei: ich wünsche Euch viel Spass und… wer weiss…. schöne Gespräche über den Inhalt dieser Bücher. Und noch eine Beratung von Frosch: viel Lachen!

Ich freue mich mit Ihnen in Kontakt zu treten,
viele Grüße von Erik Bosch und Frosch!
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